Was spricht dagegen, den Mechanismus der „verstärkten Zusammenarbeit“ zu nutzen, der bereits in den bestehenden Verträgen enthalten ist?

December 5, 2018 10:32 am Veröffentlicht von

Die „verstärkte Zusammenarbeit“ zwischen Mitgliedstaaten der Union wird bisweilen als Möglichkeit dargestellt, das Prinzip der Einstimmigkeit zu überwinden, vor allem auf dem Gebiet der Besteuerung. In Wirklichkeit beruht dieser Mechanismus jedoch auf äußerst restriktiven Regeln, die heute jeden wirklichen Fortschritt im fiskalpolitischen oder institutionellen Bereich blockieren. Um im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit eine gemeinsame Unternehmenssteuer (oder jeder andere gemeinsame Steuer) einzuführen, wären mindestens 9 teilnehmende Mitgliedstaaten sowie eine qualifizierte Mehrheit im Europäischen Rat erforderlich.

Konkret bedeutet dies, dass neben der Beteiligung von 9 Mitgliedstaaten die Zustimmung von 55% der Mitglieder des Europäischen Rats (entspricht 65% der Bevölkerung) nötig wäre, damit eine solche Steuerinitiative Erfolg hätte. Der Prozess wird noch weiter dadurch erschwert, dass, wenn die Kommission dem Vorschlag nicht vorher zustimmt (wovon auszugehen ist), im Rat sogar 72% der Mitgliedstaaten zustimmen müssten, die 65% der EU-Bevölkerung repräsentieren! So können am Ende 4 Staaten, hinter denen 35% der Bevölkerung stehen, das Vorhaben komplett blockieren.

Kurz gesagt ist es über die „verstärkte Zusammenarbeit“ derzeit nicht möglich, dass eine kleine Gruppe von Ländern eine steuerliche Harmonisierung oder eine weitreichende institutionelle Reform in Angriff nimmt. Nichts hindert hingegen eine Gruppe von richtungsweisenden Staaten daran, mithilfe eines Vertrags und einer Versammlung, wie hier vorgeschlagen, ein gemeinsames Steuersystem zu erschaffen. Wir sind der Auffassung, dass dies eine Dynamik für weitere Möglichkeiten erzeugen könnte (wie zu Beginn des Aufbaus Europas), die die derzeitige institutionelle Erstarrung durchbrechen könnte.

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